Zur
Herstellung von Leder brauchte man in
früherer Zeit Lohe auch Luhe
genannt. Das war die Rinde von jungen
Eichen mit der darin enthaltenen
Gerbsäure. Bevorzugt im Frühjahr, wenn
der Baum im Saft stand, entfernte man die
Rinde vom Stamm der etwa 20 Jahre alten
Eichen mit einem Lohlöffel. Die kahlen
Stangen wurden abgeschlagen und fanden
als Brennholz Verwendung. Am Boden
entstanden wieder neue Austriebe, die
dann später wieder zur Schälung genutzt
wurden. In einigen Gegenden wurden auch
die abgeholzten Waldstücke
gebrannt, um die kleinen
Äste zu beseitigen, Unkraut zu
vernichten und mineralischen Dünger zu
gewinnen. Im Mai pflanzte man dann
Kartoffeln, im zweiten Jahr
Wintergetreide (Roggen) und im dritten
Jahr Sommergetreide (Hafer, Gerste,
Buchweizen) zwischen die schon
austreibenden Wurzelstücke. Danach nahm
der Aufwuchs der jungen Eichen wieder
Platz ein.
Die Flächen zur Lohernte stellte die
Gemeinde als sogenanntes Rottland zur
Verfügung. Dieses war in einzelne
Rottmarken aufgeteilt und wurde den
Bürgern zugelost.
Hatte man die Lohe nach Hause gekarrt,
trocknete man sie in der Scheune. Nach
der Lagerung wurde sie in Bürden zu etwa
40 Pfund zusammengebunden.
Dann brachte man die Rindenstücke zur
Lohmühle und verkaufte sie dem
Lohmüller. Dieser häckselte und mahlte
sie, um sie danach in kleinen Blöcken an
Gerbereien weiter zu verkaufen.
Dorthin hatten Metzger und Viehhalter
Felle ihrer geschlachteten Tiere verkauft.
Diese wurden dann, nachdem man sie zuvor
enthaart hatte, zusammen mit der Loh-Konstanz
in eine mit Wasser gefüllte Grube gelegt.
Nach ein paar Tagen entstand eine
gerbsäurehaltige Brühe. Diese baute die
eiweißhaltigen Stoffe der Haut ab. Die
Häute wurden getrocknet und konnten dann
als Leder verarbeitet werden.
Die übrig gebliebene ausgelaugte Lohe
wurde getrockneten und gepresst. Der so
entstandene Lohkuchen diente zum
Ofenanzünden und auch zur Feuerung.
Zudem fand er Verwendung in der
medizinischen Behandlung von
Hautkrankheiten.
Nachdem die amerikanischen Tannen
einen noch besseren und billigeren
Gerbstoff lieferten (seit etwa 1875) und
schließlich nach der Entwicklung
synthetischer Gerbsäuren (nach 1900),
flachte die Bedeutung der heimischen
Eichenlohe nach und nach bis hin zur
Bedeutungslosigkeit ab. Die letzte Lohe
wurde in den Moselhängen 1945 / 1946
geschält.
In Köln gab es anno 1746 die
stattlich Anzahl von 57 Lohhöfen. Heute
erinnern nur noch einige
Lohmühlen als Ausflugslokale
an ihre frühere Blütezeit.
Als den Gerbereien die chemischen
Hilfsmittel als Folge der
Nachkriegswirren fehlte, besann man sich
der alten Traditionen allerdings
nur für eine kurze Zeit. Die Gerbereien
sind auf eine geringe Anzahl von
Großbetrieben mit neuesten
Verfahrenstechniken zusammengeschrumpft.
Und dorthin werden die Felle zumeist von
Schlachthäusern aus dem In- und Ausland
in Containern angeliefert. 1870 bestanden
im Trierer Lande 300 Gerbereien, 1898
waren es 113 und 1903 43 Betriebe. Heute
gibt es nur noch 3 Gerbereien in
Regierungsbezirk Trier im
Regierungsbezirk Koblenz gibt es keine
einzige mehr.
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Viele
Familiennamen erinnern uns heute an die
Zeit, in der die Lohe, deren Verarbeitung
und Verwendung, eine solch große
Bedeutung hatte. Als man allgemein die
Familiennamen einführte, nannte man sich
vielfach auch nach seiner Tätigkeit. So
gibt es recht häufig die Familiennamen
wie Luhe, Luhmann, Luhberg, Luhheck,
Luerer, Lohe, Lohmann, Lohmüller,
Lohmacher, Löhrer, Gerber und viele
andere mehr. Die Lohe war ein wichtiger
wirtschaftlicher Faktor in den
Moselgemeinden. Besonders in armen Zeiten
konnte sie finanzielle Engpässe
überwinden helfen.
Eine recht spezielle und amüsante
Geschichte wird uns nun aus dem Weinort
Bremm an der Mosel überliefert:
Die Leute in den Jahren nach dem
Ersten Weltkrieg waren in Bremm, wie
eigentlich allerorts in der Gegend
zwischen Hunsrück und Eifel, noch ärmer
als die Mäuse in der Kirche. So konnte
die Arbeit in der Lohheck manchem Winzer,
der sich mit seiner Weinernte kaum
ernähren konnte, ein finanzielles Loch
stopfen. Man zog mit großem
körperlichen Einsatz eine Karre zur weit
entfernten Lohheck oben auf dem Berg.
Proviant, Kleidung, Säge, Häp (Hippe
beilähnliches Gerät), Loheisen
und vielleicht sogar eine alte Matratze
hatte man aufgeladen. Die An- und
Abmärsche waren sehr zeit- und
kraftaufwendig.
Um diesen Aufwand auf ein halbwegs
erträgliches Maß zu reduzieren,
verbrachte man nicht selten einige Tage
und Nächte draußen in Gottes freier
Natur. Da kam es durchaus schon einmal
vor, dass jegliches Zeitgefühl abhanden
kam. Und genau das widerfuhr einigen
Männern, die weit entfernt vom Dorf
tagelang Lohe geschält hatten.
Vollgepackt mit der wertvollen Fracht
kämpften sich die müden und unrasierten
Gestalten nach tagelanger Einsamkeit
über schlechte und tiefgleisige Wege zum
Tal hinab. Ab und zu wurde noch einmal
eine Rast eingelegt und der Rest des
Fluppes (legendärer
Haustrunk der armen Winzer, der aus den
aufgeweichten Tresterresten gepresst
wurde) hinuntergekippt. Dann ging es
weiter. Nach stundenlanger,
kräftezehrender Fahrt bogen die Männer
schließlich mit dem knarrenden und
ächzenden Gefährt über holpriges
Kopfsteinpflaster ins Dorf ein und
landeten, o Schreck! mitten in der
Fronleichnamprozession. Das war so nicht
gewollt! Der Bremmer Pastor nahm dies
jedoch höchst verärgert wahr.
Und als man sich zum Ausklang der
Prozession noch einmal feierlich in der
Kirche versammelte, machte sich
Hochwürden Luft und donnerte vom Altar
aus, noch bevor er seine Schäfchen mit
dem Segen verabschiedete: Wo
annere Leut die Köpp han, habt ihr
Knutze! (Damit meinte der Pastor die Lohe.
Als Knutze bezeichnet man noch heute
grobe Holzstücke.) Eine Karre voll Lohe
ist euch armen Sündern wichtiger, als
die Heiligmachende Gnade! Seit her
werden die Bremmer Knutze
genannt.
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