Jahr |
kath. |
evang. |
jüdisch |
Gesamt |
1858 |
726 |
1 |
19 |
746 |
1895 |
857 |
9 |
16 |
902 |
1925 |
993 |
|
6 |
999 |
1933 |
|
|
7 |
1049 |
1939 |
|
|
|
1021 |
|
Auch die Geschichte von
Bremm hat zumindest ein dunkles Kapitel
aufzuweisen: In der Zeit des Dritten
Reiches von 1933 bis 1945 meinten einige
Bremmer zur sogenannten "Arischen
Rasse" zu gehören und machten sich
die braune Nazi-Ideologie zu eigen. Wenn
auch (noch) nicht bekannt ist, dass
Bremmer sich aktiv an Pogromen gegen
Juden und Andersdenke beteiligt haben, so
wird es wohl doch auch hier einige
Mitläufer gegeben haben. Davon zeugen
auch zwei Fotos im "Alten Fotoalbum
von Bremm" mit den Nummern 0033 und 0326.
Bekanntlich wurden bei den Pogromen
gegen Juden auch in Bremm keine
ortsansässigen Parteimitglieder
eingesetzt. Die brutalen Schergen des
Regimes kamen immer aus den Nachbarorten.
So sollten Mitleidsgefühle gegenüber
den möglicherweise persönlich bekannten
Opfern vermieden werden.
Gegenüber meiner Mutter hat meine
Großmutter sehr oft über die
schrecklichen Ereignisse im Hause der
Familie Schweich in der Kirchstraße
berichtet. Dort hatten die Handlanger des
braunen Unrechtsregimes eines Tages damit
begonnen den gesamten Hausrat der
jüdischen Famile auf die Straße zu
werfen. Was mit der Familie danach
geschah, ist nicht bekannt.
Soweit meine bisherigen Recherchen,
die (hoffentlich) noch weitere
Erkenntnisse bringen.
Der folgende Teil dieses Beitrages
stammt größtenteils aus einer Arbeit
von Angelika Schleindl. Sie hat Mitte der
1990er Jahre mit einigen Zeitzeugen
gesprochen und Recherchen über die
Geschichte der ehemaligen jüdischen
Mitbürger in Bremm angestellt. Mehr
über die jüdischen Gemeinden im
Landkreis Cochem-Zell von Angelika
Schleindl finden Sie unter dem Titel
"Spuren der Vergangenheit
- Jüdisches Leben im Landkreis
Cochem-Zell".
Die Familie Aron
Bereits im 18. Jahrhundert lebten die
Vorfahren der Familien Aron und Kaufmann
in Bremm. Die Familie Kaufmann zog nach
Alf, Bad Bertrich, Offenbach. Die Familie
Aron blieb in Bremm. Als Samuel Aron im
April 1875 im Alter von 94 Jahren starb,
wurde er auf dem jüdischen Friedhof in
Beilstein bestattet, wie auch sein Sohn
Treidel Aron (1812 - 1895) und dessen
Frau Caroline geb. Blumenthal (1817 -
1885), deren Gräber noch heute dort zu
sehen sind. Der Sohn von Treidel und
Caroline Aron hieß Joseph Aron (1849 -
1925) und war in erster Ehe mit Paulina
Bermann (1856 - 1900) verheiratet. Nach
ihrem Tod heiratete er eine Frau aus
Saffig.
Während der NS- Zeit lebten Susanna
Aron und die Söhne Julius und Eduard in
Ediger, während der Sohn Samuel mit
seiner Familie in Eller wohnte.
Susanna Aron hatte in einem großen
Kölner Hotel als Köchin gearbeitet.
"Bei ihr habe ich kochen
gelernt," erzählt Frau Anna
Löwen (* 1905), die als 14jährige zu
Arons in den Haushalt kam und dort blieb,
bis die Nationalsozialisten es nicht mehr
erlaubten. "Die Arons waren mir
gut ... sehr gut", erinnert sie
sich. "Fromme Leute. Jeden Samstag
gingen sie nach Ediger zur Synagoge. Sie
ließen keinen Gottesdienst aus. Der
Haushalt war streng koscher, nach milchig
und fleischig getrennt."
Koscher ist ein hebräisches Wort und
bedeutet "erlaubt". Die
jüdischen Vorschriften (Halacha)
erlauben nicht, daß Milch und Fleisch
gleichzeitig gegessen oder zubereitet
werden. Das Verbot leitet sich aus dem
biblischen Gebot "Du sollst das
Böcklein nicht kochen in seiner Mutter
Milch" ab. Ein streng koscherer
Haushalt hat getrenntes Geschirr für
Fleisch und Milch.
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"Das
Geschirr für die Milch war mit einem
weißen Strich, das für das Fleisch mit
einem grünen Strich gekennzeichnet.
Joseph Aron achtete sehr darauf, daß ich
auch beim Abspülen keine Fehler machte",
erzählt Anna Löwen. Auch die
Metzgerei der Arons war koscher, d. h. es
wurden keine Schweine geschlachtet bzw.
geschächtet. Beim Schächten wird den
Tieren die Halsschlagader durchtrennt und
sie müssen ausbluten, bevor sie verzehrt
werden können.
An allen katholischen Feiertagen
verschenkte die Familie Aron Fleisch und
Butter an die ärmeren Leute in Bremm.
"Als Joseph Aron 1925 starb,
kam der Rabbiner aus Cochem. Er fragte
mich, wie er gewesen war. Ich konnte ihm
nur Gutes sagen. Nie hatte er Streit mit
seiner Frau gehabt", berichtete
Frau Löwen.
Während früher die Bremmer Juden
ihre Angehörigen in Beilstein beerdigen
ließen, wurde Joseph Aron in Bullay zu
Grabe getragen.
Bereits beim Boykott der jüdischen
Geschäfte am 1. April 1933 kam es zu
Übergriffen auf das Haus der Familie
Aron. "Den Leuten, die die
Bremmer so gut behandelt haben, denen
wollt ihr das Haus zerstören?",
schimpfte damals Anna Löwen. Doch bald
traute sie sich selbst nicht mehr zu
ihrer Arbeitsstelle. "Bei uns zu
Hause wurde alles durchsucht. Alles auf
den Kopf gestellt. Meine Mutter und ich
hatten solche Angst, daß wir alle Fotos
und Erinnerungen an die Familie Aron
verbrannten."
Im Mai 1937 wanderte Julius Aron mit
Frau und Tochter in die USA aus. Seine
Stiefmutter Susanna flüchtete 1938 zu
ihren Verwandten nach Saffig. Vermutlich
ist sie dort verstorben. Was mit Eduard
Aron geschah, läßt sich nicht
feststellen. Er gehörte am 1. August
1920 zu den Gründungsmitgliedern des TuS
Bremm.
Samuel Aron und seine Frau Johanna
Aron geb. Frenkel wurden 1943 von Eller
nach Polen deportiert und ermordet. Ihrer
Tochter Edith gelang 1937 die Flucht in
die USA.
Daniel Aron, ein Bruder von Joseph
Aron, wohnhaft in Köln, Bachemerstraße
48, wurde im hohen Alter zunächst in das
Lager Maulbach und dann nach
Theresienstadt deportiert und ermordet.
Im Jahre 1852 wird eine Johanna Aron
in Bremm geboren und heiratet 1899
Abraham Kaufmann. Sie stirbt 1926 und
wird in Boppard begraben.
Die Familie Schweich
Außer den Arons lebte die Familie
Leopold Schweich in Bremm. Sie hatte
einen kleinen Kaufladen in der
Kirchstraße 166. Nach dem frühen Tod
ihres Gatten führte Bertha Schweich das
Geschäft allein. Ihr Sohn Erich (*1915)
lernte das Bäckerhandwerk. Die Witwe
Bertha Schweich verstarb am 13.12.1937 in
Bremm und wurde in Bullay beerdigt. Ihr
Sohn Erich emigrierte ein Jahr später
mit seiner Frau aus Köln nach Amerika.
Erich Schweich starb 1991 in Texas, USA.
In den Akten der Yad Vashem in
Jerusalem, Israel, ist außerdem
Elisabeth David in Bremm verzeichnet. Sie
wanderte 1938 nach Frankreich aus. Ihr
weiteres Schicksal ist unbekannt.
Gebürtige Bremmer Juden, die
Opfer des Holocaust wurden:
Daniel Aron *06.08.1863, kam in
Theresienstadt am 03.12.1942 um.
Samuel Aron und seine Frau Johanna Aron
geb. Frenkel wurden nach Polen
deportiert, ihr Todestag ist unbekannt.
Max Kaufmann *15.09.1881, wurde in Polen
ermordet, sein Todestag ist unbekannt.
Eine Liste
weiterer ehemaliger jüdischer Mitbürger
aus Bremm finden Sie hier.
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