| Wann und wo
                        ist der erste Wein auf deutscher Erde
                        gewachsen? War es an der Mosel, wo die
                        natürlichen Voraussetzungen zum
                        Weinanbau besondert gut sind? Hatten
                        bereits vor der römischen Besatzung des
                        linken Rheinufers, also schon vor 58 v.
                        Chr., die Kelten an der Mosel Weinbau
                        betrieben, was oft vermutet wird? Es
                        bleibt in Frage gestellt, denn die Antike
                        hat auch dem Moselwein keine
                        Geburtsurkunde mit auf den Weg gegeben. Sicher ist, dass der römische
                        Moselweinbau im Umfeld der Kaiserstadt
                        Trier beheimatet ist. Allerdings sind wir
                        in der Herkunftsfrage unserer Weinkultur
                        lediglich auf Indizien angewiesen. Dazu
                        dienen in erster Linie Funde und
                        Flurnamen, aus denen wir örtliche
                        Zusammenhänge erkennen. Wenn wir an die Römer als die
                        Bahnbrecher der moselländischen
                        Weinwirtschaft denken, dürfen wir auch
                        die junge christliche Kirche und ihre
                        Mitwirkung nicht vergessen. Von Lyon her
                        kommend, hatte sie seit dem 2.
                        Jahrhundert in Trier Wurzeln geschlagen
                        und sicherlich der Bereicherung der
                        Bodenkultur im Moselland durch den
                        Weinbau freudig ihren Segen gegeben. Sie
                        kam ja aus einem Weinland und begrüßte
                        es, den Messwein angenehmer und billiger
                        in der Heimat zu bekommen als aus dem
                        fernen Italien oder Südgallien. Kein Dichter der Jetztzeit ist es, der
                        mit solch treffenden Worten den Weinbau
                        an der Mosel preist, wie es 371 der
                        Dichter und Staatsmann Decimus Magnus A u
                        s o n i u s in seiner Prosa
                        Mosellagetan hat, wie es
                        einige Ausschnitte daraus so trefflich
                        erkennen lassen: Du Strom, dich umrahmen
                        weintragende Höhn, wo Bacchus lässt
                        reifen schönduftenden Wein, und
                        grünende Ufer umrahmen dich, du Strom,
                        der ganz in Grün getaucht! Hoch oben wächst auf den Jochen
                        der himmelanstrebenden Berge längst des
                        Gestades das Grün des sorgenbezwingenden
                        Weinstocks. Arbeitsfreudiges Volk und
                        emsig beschäftigte Winzer tummeln sich
                        bald auf den Höhn, bald eilen ins
                        Tal sie hinunter. Auf kirchlichen Einfluss dürfte es
                        auch zurückzuführen sein, wenn in den
                        Jugendtagen des Moselweinbaus das
                        Rotgewächs überwog. Offenbar bevorzugte
                        die Kirche den Rotwein, um bei der
                        eucharistischen Feier des Messopfers der
                        natürlichen Farbe des Blutes näher zu
                        kommen. Eine Hymne von VENANTIUS FORTUNATUS
                        über die Eindrücke, die er im Jahre 588
                        auf einer Moselfahrt zu Schiff von Metz
                        bis Koblenz empfangen hat, in der
                        Begleitung des in Metz residierenden
                        austrasischen Königs Childebert: |  | Zwischen den
                        kahlen Felsen grünt, was der Winzer
                        gepflanzt hat, lieblich rötet die Traube
                        sich mitten im grauen Geröll. Wo auch
                        das karge Gestein noch Süße eingibt den
                        Beeren, wo über ödem Geklüfte lacht
                        aus dem Weinlaub die Frucht, wo um die
                        nackten Leyen sich schlingt das Geranke
                        der Reben und mit schattendem Grün die
                        trockene Halde verschönt, pflückt die
                        farbigen Trauben in fröhlicher Lese der
                        Winzer, droben hängend holt er sie, hoch
                        von steilen Gefels. Glückliches
                        Moselgefilde! Es spendete Augenfreude
                        reich mir und Labung dem Munde, was ich
                        vom Schiff aus erschaut. Mit der Besiedelung des Moseltales
                        durch die Franken kam vormaliger
                        römischer Besitz in das Eigentum des
                        fränkischen Königshauses und wurden,
                        zumeist als Weingüter, an Kirchen und
                        Klöster verschenkt. Solche Gutshöfe
                        waren dann als ein Allodium von Abgaben
                        an den König befreit. Der Moselwein galt neben dem Elsässer
                        als der beste in Deutschland. Sein guter
                        Ruf war weit bis nach Frankreich hinein
                        gedrungen. Und jener Karl der Große, den
                        das rheinische Volk wegen seiner
                        Fürsorge für den Rebbau mit dem
                        Glorienschein eines Weinheiligen
                        geschmückt hat, gab gemäß der
                        Capitulare de villis die
                        Weisung, dass für den Weinanbau gerodet
                        werden soll, wo es nur möglich sei. Dies
                        gab dem Rebbau und der Kellerwirtschaft
                        an der Mosel kräftigen Antrieb. Wieweit sich der Wirtschaftsauftrieb
                        durch Karl den Großen quantitativ und
                        qualitativ auf den Moselwein ausgewirkt
                        hat, lässt sich bei den spärlichen
                        Nachrichten dieser frühen Zeit nicht
                        genau angeben. Eine weitere verstärkte
                        Neubruchperiode im hohen
                        Mittelalter (1100  1250) hat nun
                        massiv die steilen Hanglagen mit ihren
                        gesteigerten Möglichkeiten der
                        Qualitätsgewinnung in Angriff genommen,
                        wobei sich die Klöster als Schrittmacher
                        besonders ausgezeichnet haben. Caesarius
                        von Heisterbach, der große Chronist und
                        theologische Schriftsteller aus jener
                        Zeit, berichtet im Jahre 1222, dass seit
                        893 viele Wälder gerodet und viele
                        Weinberge neu gegründet wurden.
                        Caesarius war es auch, der in seinen
                        Wundergeschichten allerlei
                        Besonderheiten aus dem Alltag der
                        Weinbauern zu berichten weiß. Kreuzfahrer sollen es gewesen sein,
                        die aus dem Libanon die Rieslingrebe
                        mitgebracht haben. Sie fand in den
                        steilen Moselhängen die besten
                        Voraussetzungen für den Anbau. Der
                        Riesling hat den Charakter des
                        Moselweines geprägt und gilt immer noch
                        unter den deutschen Winzern als die
                        Königin der Weißweinreben.  |