HISTORIA BREMVM - Die Geschichte(n) der Ortsgemeinde Bremm an der Mosel
Kreuz und Hakenkreuz – der zweite Weltkrieg in Bremm
    von Jana Gietzen
     
Kriegsgeschehen

Vom Krieg hat man in Bremm nicht so viel mitbekommen. Es gab in der Brunnenstraße eine Panzersperre, die aber kurz vor dem Einmarsch der Amerikaner abgerissen wurde. Außerdem stand auf dem Eulenköpfchen, ein Berg, der eigentlich zu Neef gehört, aber gegenüber von Bremm liegt, eine Flak (=Flugabwehrkanone), die versucht hat, die feindlichen Flieger abzuschießen.

  Eine Bombe ist in Bremm neben die Kirche gefallen, die dadurch teilweise zerstört wurde. Der Kirchturm hat das meiste abbekommen und so das Dorf beschützt. Es gab noch zwei weitere Bombenfälle, aber die sind außerhalb von Bremm. Im Winter 1944 sind die meisten Flieger über Bremm hinweg geflogen.

(Mündlich von den Zeitzeugen wiedergegeben)

Gemeinde

In der Bremmer Gemeinde galt während des 2. Weltkrieges, dass man, wenn man gegen die NSDAP war, ein ‚,Schwarzer‘‘ war. Wenn man für die Partei war, war man ein ‚,Roter‘‘. Die Jungen, deren Eltern gegen die NSDAP waren, durften keine braunen Hemden tragen, da das das Erkennungszeichen der Hitlerjugend war. ‚,Ich wollte immer gern in die Hitlerjugend‘‘, erzählt Willi Mons ‚,die Kinder da hatten immer Spaß und wir anderen wurden gehänselt.‘‘ Die Wähler der NSDAP hatten alle eine Plakette aus Metall/Kupfer. Die meisten trugen diese angenäht an die Hose oder benutzten sie als Deko-Artikel. Während des Krieges wurden den Familien Kriegsgefangene aus Polen und Russland als Fremdarbeiter zugeteilt. An der Stelle, wo heute das Neefer Kreuz steht, stand zu der Zeit ein Hakenkreuz. Auf den Bremmer Berg sollte eigentlich auch eines, aber der Krieg war dann schon vorbei. Die Bremmer Bürger mussten ihr überschüssiges Essen abgeben, also hatten viele Bremmer Hunger. Die, die einen Garten hatten, hatten immer genug zu essen und viele haben auch illegal geschlachtet. Es gab Lebensmittelmarken, mit denen sich die Bürger Lebensmittel abholen konnten. Aber oftmals gab es die benötigten Dinge nicht mehr.

  Schon im Jahre 1933 gab es viele Wähler für die NSDAP, weil viele Bremmer Angst hatten. Die Nazionalsozialisten manipulierten die Wahlen, indem sie durch einen Schlitz in der Wahlurne die Stimmzettel kontrollierten und die gegen die NSDAP wurden nicht gewertet. Am Abend wurden alle Fenster verdunkelt, damit Flieger Bremm nicht entdecken. Die Bremmer nutzten Erdhöhlen anstelle von Bunkern zum Schutz vor Druckwellen oder Splittern, wenn eine Bombe fallen sollte.

Es gab in Bremm zwei Lehrer in der Schule in Bremm. Fräulein Stunz war sehr fromm und gegen die NSDAP. Herr Grafen war ein Nazionalsozialist und in seinem Unterricht verherrlichte Grafen Hitler pausenlos. Die Kinder und Jugendlichen mussten nach der Schule ihren Eltern Essen auf die Felder oder in den Weinberg bringen. Der Bürgermeister hieß Peter Dreis.

(Mündlich von den Zeitzeugen wiedergegeben)


Juden

Familie Aron
Die Familie Aron war eine sehr fromme Familie, die jeden Samstag nach Ediger in die Synagoge ging. Sie betrieben eine Metzgerei, die, wie sie selbst, koscher war. Das heißt, es wurden Milch und Fleisch getrennt zubereitet und gegessen. Die Familie hatte sogar getrenntes Geschirr. Zu allen katholischen Feiertagen wurde von der Familie Aron Fleisch und Butter an die ärmeren Leute in Bremm verschenkt. Auch sonst teilten sie immer alles. Als es dann beim Boykott der jüdischen Geschäfte am 01.04.1933 zu Übergriffen auf das Haus der Familie kam, verteidigte die Angestellte Anna Löwen die Arons: „Den Leuten, die die Bremmer so gut behandelt haben, denen wollt ihr das Haus zerstören?“ Kurze Zeit später traute sich Anna Löwen nicht mehr zur Arbeit.

Julius Aron gelang im Mai 1937 die Flucht in die USA mit Frau und Tochter. Susanna Aron floh 1938 zu Verwandten nach Saffig. Samuel Aron und seine Frau Johanna Aron (geb. Frenkel) wurden 1934 von Eller nach Polen gebracht und ermordet. Ihre Tochter Edith konnte 1937 in die USA fliehen. Daniel Aron (in Köln wohnhaft) wurde erst ins Lager nach Maulbach und dann nach Theresienstadt gebracht und dort ermordet.

 

Familie Schweich

Die Familie Schweich hatte in Bremm einen kleinen Kaufladen (Kirchstraße 166). Nach der Reichsprogromnacht in 1938 wurde der Besitz der Familie an andere Bremmer vergeben. Alfred Schweich verließ Bremm mit seiner Mutter noch vor Hitlers Machtergreifung. Er lebte in Bad Hersfeld. Sein Bruder Erich Schweich blieb bei seiner Großmutter Bertha, bis er 1935 nach Köln zog und dort seine erste Frau kennenlernte. Seine Großmutter starb am 13.12.1937 und wurde auf dem jüdischen Friedhof in Bullay beerdigt. In der Reichsprogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde das nun menschenleere Haus der Familie Schweich von den braunen Schergen aufgebrochen und deren Hab und Gut auf die Straße geworfen.

Erich floh zu dieser Zeit und die USA und arbeitete bei einer Familie Collier. Als Erich 1971 nach Bremm reiste und ihm mitgeteilt wurde, dass sein jüngerer Bruder Alfred Wein gekauft hatte, war er verwundert, da er nicht wusste, dass er einen Bruder in Deutschland hatte. Die beiden trafen sich das erste Mal 1972 am John F. Kennedy Flughafen in New York. Am 4. Dezember 1991 verstarb Nerich in Rio Rancho, New Mexico.


Kirche

Der diensthabende Pfarrer zu Zeiten des zweiten Weltkrieges hieß Pfarrer Klein. Er war in Bremm tätig bis ins Jahr 1954. Die Messe wurde im Keller der Familie Amlinger gehalten und niemand traute sich eine gewagte Predigt oder gewagte Fürbitten zu halten. Es gab in Bremm auch keinen Widerstand. Die Bremmer Kirche St. Laurentius wurde auf einer Seite um Weihnachten 1944 zerstört. Der Kirchturm bewahrte das Dorf vor dem größten Schaden.

(Mündlich von den Zeitzeugen wiedergegeben)

 

Kriegsende

Das Kriegsende war in Bremm am 14. März 1945 durch die Amerikaner, die vom Bremmer Berg von Beuren aus nach Bremm kamen. Alle Bewohner mussten weiße Tücher als Zeichen der Kapitulation aus den Fenstern hängen. Die Amerikaner haben Häuser mit geladenen Gewehren nach Soldaten durchsucht, die sich vor dem Krieg versteckt hatten und diese dann in der Dorfmitte versammelt und abgeführt. Das waren ungefähr 10-15 Deutsche. Bei der Durchsuchung der Häuser wurden viele Bilder oder andere Gegenstände, auf denen zum Beispiel ein Hakenkreuz oder ein Verwanter in Uniform abgebildet war, zerstört.

  Alle Jungen ab 12 wurden für zwei Tage in die Schule gesperrt. Kurz bevor die Amerikaner in Bremm einmaschiert sind, hat ein einzelner, betrunkener Soldat eine Frau durch ein Fenster in den Bauch geschossen, die gerade die Treppe hinunter ging. Ein Nazionalsozialist aus Bremm wagte vor dem Einzug der Amerikaner die Flucht mit dem Fahrrad, wurde dann aber auf der Brücke in Ernst erschossen.

(Mündlich von den Zeitzeugen wiedergegeben)


Erzählungen

Das Kartoffelwunder
Während des Krieges litten viele Bremmer an Hunger. In einer Nacht hat es dann so stark gestürmt, dass die kleinen Kartoffeln aus dem Acker auf dem Berg ins Tal gespült wurden. Die Frauen und Kinder sammelten die vielen Kartoffeln und hatten so Lebensmittel für ein paar Tage mehr.

Der Kuchen und die Bombe
Um Weihnachten 1944 hat die Oma meiner Oma einen Kuchen gebacken. Ihr Haus war damals in der Nähe der Kirche und als dann die Bombe fiel, war die Druckwelle doch noch so groß, dass die Fensterscheibe zerbrach und die Scherben auf den Kuchen fielen, der zum Abkühlen vor dem Fenster stand.

Die Angelruten
Als dann im März 1945 die Amerikaner in Bremm ankamen und die Häuser durchsuchten, kamen sie auch bei einem Haus vorbei, an dessen Hauswand standen all seine Angeln und die Amerikaner zerbrachen alle. „Dem sind so die Tränen übers Gesicht gekullert.“ Erzählt von meiner Oma, Irmgard Gietzen.

 

Die Kirchenglocken

Das Happy-End für Bremm: Die Kirchenglocken wurden zum Einschmelzen abgeholt und nach Hamburg gebracht. Einige Jahre später kam dann die Nachricht aus Hamburg, dass die Glocken aus Bremm wiedergefunden wurden, also doch nicht eingeschmolzen wurden. Heute läuten wieder dieselben Glocken wie vor dem Krieg.

Erzählungen von den Zeitzeugen
Irmgard und Günther Gietzen; Renate und Josef Pellenz; Willi Mons


Spuren aus der NS-Zeit

Es gibt ind Bremm einen Soldstenfriedhof und eine Erinnerungstafel gegenüber der Kirche. Außerdem sind die Bombenkrater außerhalb von Bremm noch mehr oder weniger intakt und sie sind mit Wasser gefüllt. Als „Spur“ zählt auch die Erinnerung der Zeitzeugen, die den Krieg und/ oder die Nachkriegszeit erlebt haben.

   

Literaturquelle(n)
Angelika Schleindl   Spuren der Vergangenheit - Jüdisches Leben im Landkreis Cochem-Zell
    Jahrbuch des Kreises Cochem-Zell 2020
 
Bildquelle(n)
Rainer Pellenz   Das Alte Fotoalbum von Bremm
 
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Dieser Beitrag wurde verfasst von Jana Gietzen, Bremm   Korrekturdatum:
im Rahmen eines Schulprojektes   31.01.2021 RP
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