Berichten
zufolge gab es im 13. und 14. Jahrhundert
häufig milde Winter, aber im 17. und 18.
Jahrhundert häufig bitter kalte Zeiten.
So gab es 1783 / 84 eine sehr schlimme
Winterkatastrophe mit ca. 1,5 m Schnee
und zugefrorener Mosel, dann Tauwetter
mit Eisgang und Hochwasser mit dem
höchsten jemals gemessenen Hochwasser
bis ins 1. Stockwerk mancher Häuser mit
erheblichen Schäden auch an den
Lehmwänden. Im folgenden werden nur
einige Eiszeiten im 20.
Jahrhundert mit besonderen Ereignissen
erwähnt.
In den 1940 / 50er Jahren gab es am
Moselufer häufig breite Eisrandstreifen
und hier vor Bremm in der Moselkrümmung
eine größere Eisfläche, mehrere Tage
lang konnten wir nachmittags bis zum
Dunkelwerden Schlittschuhlaufen.
Am 28.12.1962 war die Mosel komplett
zugefroren und man konnte bis nach Stuben
gehen. Ein Schäfer aus Beuren führte
seine Schafherde über das Eis nach
Stuben zu einem neuen Futterplatz.
Es war ein sehr langer Winter,
Tauwetter und Eisgang setzten erst am 05.03.1963
ein. In der Mitte der zugefrorenen Mosel
hatte man 1963 ein Loch ins Eis gestoßen,
senkrecht eine Wagenachse eines Kuhwagens
eingesetzt und über Nacht einfrieren
lassen. Es wurde ein Speichenrad in die
Achse eingeführt. Man befestigte daran
ein langes Seil und am Ende einen
Einmannschlitten.
Nur mutige junge Männer oder Frauen
nahmen darauf Platz. Am Rad drehten
starke Männer das Karrussell (Schleuder)
an. Mit zunehmender Geschwindigkeit
konnte sich die Person auf dem Schlitten
letztendlich nicht mehr festhalten, fiel
vom Schlitten und wurde über das Eis
geschleudert, sehr zur Freude vieler
Zuschauer. Doch einmal landete ein
Schlittenfahrer mitten in der
Zuschauermenge, einer fiel hin und musste
mit einem Beinbruch nach Hause gebracht
werden.
Am 23.01.1963 feierten Aloys und Rosi
Bremm (Berg) Hochzeit und nachmittags
konnte das Brautpaar mit den
Hochzeitsgästen den üblichen
Nachmittagsspaziergang aufs Eis machen (minus
19 Grad).
Der lange und kalte Winter machte
besonders den älteren Leuten schwer zu
schaffen, zumal die Häuser nur
unzureichend beheizt waren. Es gab in
diesem Jahr ca. 17 Todesfälle in Bremm
im Winter zu beklagen. Der Boden war tief
gefroren und zur Beerdigung musste der
Boden aufgesprengt werden, damit ein Grab
hergestellt werden konnte. Am 22.01.1963
war die Oma von Aloys Bremm verstorben,
die Hochzeit Bremm / Berg fand trotzdem
statt.
Setzte später Tauwetter ein, war der
Eisgang wieder ein besonderes Ereignis,
was viele Zuschauer an die Moselstraße
lockte. Mit donnerndem Getöse schossen
die dicken Eisplatten nahe an der
Straßenkante vorbei, häufig standen
alte Weihnachtsbäume darauf, die vorher
dort entsorgt worden waren.
Nach dem abfließenden Hochwasser
lagen bis März April dicke
Eisbrocken übereinander geschichtet am
Moselufer, wir konnten in diese
Eishöhlen hineinklettern, was allerdings
nicht ganz ungefährlich war.
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Nach 1963
gab es seltener größere Eisflächen, da
durch die Schiffe auf der Mosel das
Randeis zerstört wird und eine
Randeisbildung nicht mehr erfolgen kann. Im
Winter 1997 jedoch kam die Schifffahrt
zum Erliegen. Oberhalb der Staustufen -
im ruhigen Fahrwasser - hatte sich eine
40 - 50 cm dicke Eisschicht gebildet,
Länge ca. 20 - 30 km.
Bei Tauwetter bestand die Gefahr, dass
sich das Eis von Trier her moselabwärts
bei einer Staustufe aufstauen würde, was
zu einer Katastrophe geführt hätte. So
versuchte das Wasser- und Schiffahrtsamt
von Koblenz her nacheinander an den
einzelnen Staustufen das Eis zu lockern
und abfließen zu lassen.
So auch in Neef / St. Aldegund: Durch
Heben und Senken der Stau-Sektoren das
Eis zu bewegen und zu brechen, mit
leichten Sprengungen aus einem
Hubschrauber aufzureißen (stärkere
Sprengungen könnten evtl. die Stauwehre
durch die Druckwelle beschädigen).
Plötzlich setzte sich die riesige
Eismasse in Bewegung und schoss mit
lautem Donnern und Getöse wie ein
starkes, lang andauerndes Gewitter über
das Stauwehr.
Die nachdrückenden Eismassen aus
Richtung Zell schossen in Alf über die
Straßenkreuzung in die Ortschaft, das
Wasser überflutete Straßen und Keller,
die Eisplatten zerstörten Türen und
tiefere Schaufenster, beschädigten
Geräte und Einrichtungen. Dicke
Eisbrocken lagen noch längere Zeit in
der Ortsmitte.
Ein besonderes Winterereignis war auch
das Schlittenfahren auf den abschüssigen
Weinbergswegen, Wiesen oder auch
Ortsstraßen. Hier wurde bei starken
Nachtfrösten zuvor Wasser
geschüttet (mit Kanistern vom
Kandelbach auf Schlitten herangezogen!)
und teilweise kleine Bobbahnen geformt.
Mit großen selbstgebauten Schlitten,
den Lenkbaren konnten dann
fünf bis sechs Personen abwärts sausen,
mit Rumpeln und Schütteln über das
Pflaster, manchmal bis zur Moselböschung.
Gefährliche Straßenecken und
Häuserkanten wurden mit Strohballen
abgedämmt / entschärft. Trotzdem gab es
leider manchmal Arm- oder Beinbrüche.
Es gab auch Einsitzer-Schlietcha
etwa in Größe einer
Stuhlsitzfläche mit zwei Kufen, vom
Schreiner angefertigt und vom Schmied
zwei Eisenschienen angebracht. Auch
hiermit konnte man auf allen
abschüssigen Eisbahnen fahren oder auf
der zugefrorenen Mosel mit zwei
Eisstöcken oder im Schlepp der Eltern
oder anderer Personen.
Dieses Gaudi ging häufig bis in die
späten Abendstunden bei
Straßenbeleuchtung und Glühwein.
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