| Mai 1945
                         der Krieg war endlich vorbei
                         jedoch die Not war groß. In den
                        Städten sammelten die Menschen die
                        übriggebliebenen Hausrat- und
                        Wertgegenstände, Kleidungsstücke und
                        alles Mögliche.  Sie fuhren damit
                        aufs Land und tauschten gegen
                        Lebensmittel. Vielen noch als der Begriff
                        hamstern bekannt. Die
                        Menschen fuhren mit Fahrrädern, alten
                        Autos oder mit der Bahn  doch für
                        viele war dann am Ellerer Bahnhof Ende:
                        Die Ellerer Brücke war zerstört 
                        und die nächste Bahn fuhr ab Neef 
                        die Moseltalbahn  auch Bimmelbahn
                        genannt  (Die Bullayer Brücke war
                        ebenfalls zerstört) Doch wie kamen die Reisenden von Eller
                        nach Neef? Die Ellerer, Bremmer und St.
                        Aldegunder (Dalliender) Jugendlichen (auch
                        Männer und Frauen) standen mit Handwagen
                        und Karren (Koren) in langen Reihen am
                        Ellerer Bahnhofsweg bereit und warteten
                        oft stundenlang auf die
                        Hamsterer weil die Züge oft
                        lange Verspätung hatten. Waren die Reisenden endlich angekommen
                        ging es los: Meine Karre ist mit
                        Butter geschmiert oder Mein
                        Handwagen läuft am schnellsten Dann wurde aufgeladen was die Karre
                        hielt, im Eiltempo über die notdürftig
                        ausgebesserten Teerstraßenabschnitte
                        oder holprigen Kleinpflasterstücke der B49
                         an Bremm vorbei zur Neefer Lay
                         ging es doch darum, möglichst
                        schnell mit der ersten Fähre nach Neef
                        überzusetzen und den nächsten Zug in
                        Richtung Obermosel / Hunsrück usw. zu
                        erreichen. Doch der Neefer Fährmann (Hermann)
                        hatte die Ruhe weg, souverän, ohne
                        Drängelei der Fahrgäste, setzte er
                        sicher seine Pont nach Neef
                        über. Wir Karren-Fahrer 
                        oder Jung-Transport-Unternehmer 
                        warteten dann auf die Rückkehr der
                        anderen erfolgreichen
                        Hamsterer und beförderten
                        ihre erworbenen Lebensmittel (in fester
                        oder flüssiger Form) wieder nach Eller
                        zum Bahnhof. Ich erinnere mich noch gut: Einmal war
                        wohl in dem schwerer Holzkoffer zu viel
                        Moselwein oder Hefeschnaps verpackt, ein
                        Rad von meinem vierrädrigen Handwagen
                        krachte zusammen, meine Fahrgäste luden
                        ihr Gepäck auf einen anderen Wagen,
                        drückten mir 5 Reichsmark in die Hand
                        und ich konnte mit meinem nunmehr
                        dreirädrigen Wagen betrübt nach Haus
                        zuckeln. Andere Karrenfahrer konnten mehr
                        Gepäck aufladen und erzielten höhere
                        Einnahmen. So hatte Walter Ploem an einem
                        Tag ca. 150  170 Reichsmark 
                        und spielte mit dick gefüllter
                        Geldbörse in der Schule
                        Handball. Lehrerin Fräulein Stunz wurde
                        aufmerksam 
                        beschlagnahmte vorübergehend
                        die Geldbörse. Voller Neid erblickte sie
                        das viele Geld. Lehrer wurden auch damals
                        bekanntlich schlecht bezahlt und
                        erhielten manchmal von den Bremmer Eltern
                        Obst oder kleine Lebensmittelgaben.
                        Fräulein Stunz gab Walter die Geldbörse
                        zurück und verbot ihm weiterhin Geld
                        mitzubringen. Doch am nächsten oder
                        übernächsten Tag spielte Walter wieder
                        mit einem dicken Portemonnaie. Erbost
                        nahm die Lehrerin diese an sich und
                        blickte hinein. Doch Walter hatte
                        diesesmal nur Heu (Krummet) drin 
                        was die Lehrerin natürlich noch wütender
                        machte. |  | Manche
                        unserer älteren Kofferfahrer/innen
                        nutzten auch die Nachtzugverbindungen aus.
                        Dann war die Transportkonkurrenz nicht so
                        groß. So fuhr auch in den Sommermonaten
                        manchmal ein kleines Moselschiff (Bauschiff
                        der Brücke?) und nahm uns die
                        Reisenkunden weg und wir konnten als
                        Leerfahrt nach Hause zuckeln. Der
                        Winter 1945 / 46 war ja bekanntlich sehr
                        kalt. Bei Wartezeiten an der Neefer
                        Fähre mussten einmal zahlreiche Reisende
                        fast eine ganze Nacht auf die Überfahrt
                        nach Neef warten, weil der Fährmann
                        trotz Hol über-Rufen nicht
                        kam. Zum Erwärmen machten Sie ein
                        großes Feuer an  und die
                        Weinbergspfähle eines nahen Weinberges
                        mussten daran glauben, waren am nächsten
                        Tag nur noch Asche. Auch war in einer anderen kalten
                        Winternacht etwa 20 cm Schnee gefallen.
                        Herbert Unzen und andere fuhren mit ihrer
                        Karre durch den tiefen Schnee nach Eller.
                        Straßenräumdienst gab es damals noch
                        nicht. Auf der Rückfahrt mit der schwer
                        beladenen Karre kam man kaum vorwärts,
                        der Schnee setzte sich zwischen den
                        Radspeichen fest. Alle Reisenden mussten
                        schieben helfen und man erreichte mühsam
                        das Ziel Neef. Es war für uns alle ein harter
                        Einstieg in das spätere Berufsleben
                         aber es war mehr ein Abenteuer,
                        denn nach etwa anderthalb Jahren waren
                        die Ellerer und die Bullayer Brücke
                        wieder aufgebaut und unser Job hatte ein
                        Ende. Ich persönlich hatte bei dieser
                        Aktion etwa 800 Reichsmark
                        verdient (manche viel mehr).
                        Nach der Währungsreform blieben mir etwa
                        70 bis 80 Deutsche Mark  das war
                        1951 etwa die Hälfte des Kaufpreises
                        für mein Original-Miele-Fahrrad,
                        was ich heute noch besitze. Das Hamstern war nicht immer leicht.
                        Es versuchten auch einige Bremmer ihr
                        Glück und fuhren mit Wein und Schnaps in
                        die Städte um Tauschgeschäfte zu machen. Doch in Remagen am Rhein war
                        bekanntlich die Grenze zwischen
                        französischer und englischer
                        Besatzungszone. Die französischen
                        Grenzkontrollen beschlagnahmten alle
                        Getränke bei der Ausfuhr  die
                        Engländer ließen die Hamsterer einfach
                        einreisen. Die Hamsterer versuchten nun beim
                        Umsteigen auf dem langen Bahnsteig
                        schnell und unbemerkt von dem
                        französischen Teil zum englischen Teil
                        zu kommen. Das gelang zwar nicht immer
                        und musste mancheiner wieder mit leeren
                        Taschen nach Hause fahren. Nicht so ein
                        junger Mann aus Bremm (Name dem Verfasser
                        bekannt). Den Eigenverbrauch
                        wollte man ihm belassen, den Rest sollte
                        er abliefern. Doch er ließ in sich
                        hineinlaufen war hineinging, die
                        restlichen Flaschen knallte er in eine
                        Ecke. Doch er konnte bald nicht mehr laufen.
                        Anhand seiner Papiere kannte man seine
                        Adresse. Die Grenzsoldaten banden einen
                        Versandzettel mit seinem Heimatbahnhof
                        Eller an den Hals und schickten ihn per
                        Express Richtung Heimat. In Eller
                        angekommen informierte ein Bremmer Bahner
                        seine Mutter. Diese holte den noch immer
                        Betrunkenen mit einer Handkarre in Eller
                        ab, und deckte ihn mit einer Decke zu.
                        Doch in Bremm war die Decke etwas
                        verrutscht und die Füße schauten unten
                        heraus. Einige Bremmer sahen diesen
                        merkwürdigen Transport  und so kam
                        die Geschichte ans Licht. |