Hier die
fast abenteuerliche Fortsetzung der Geschichte
von Teil I. Zusammengestellt nach
Überlieferung von Zeitzeugen,
schriftlichen Aufzeichnungen von Bremmer
Mitbürgern und eigenen Erlebnissen /
Erinnerungen von Toni Ostermann 2006 /
2008.
Die Glocken von 1834 überstanden an
ihrem angestammten Platz im Kirchturm
gute und schlechte Zeiten, Kriege,
Brandkatastrophen und manche (auch
politische) Stürme. Sie riefen die
Gläubigen zum Morgen- und Abendgebet und
erinnerten an die Mittagspause bei Feld-
und Weinbergsarbeiten. Sie riefen zu
Gottesdiensten und verkündeten Freude
bei Festen aber auch Leid bei
Todesfällen oder Unglücken. Sie
erklangen bis etwa 1915 unbehelligt in
unserem engen Moseltal.
Nach Ausbruch des 1. Weltkrieges
sollten die Glocken zur Kriegsrüstung
und Herstellung von Waffen eingeschmolzen
werden. Doch der damalige Bremmer Pastor
(von 1900 1921) Josef Schilling,
ein energischer und resoluter Streiter
für den Glauben, wehrte sich mit Erfolg
gegen die Beschlagnahmung. Er veranlasste
ein Probeläuten, bei dem die Bremmer
ihre ganze Kraft an den Seilen einsetzten
und die Kriegsbehörden
überzeugten sich von der einmaligen
Klangfülle im Moseltal, einmal aus
Richtung Calmont und ein anderes Mal vom
Gründchen (moselaufwärts).
Sie konnten überzeugt werden und
verzichteten auf die Beschlagnahmung. So
konnten die wertvollen
Bronzeglocken wegen ihres hervorragenden
Klanges in Bremm erhalten bleiben (so
die Überlieferung).
Doch im Jahre 1942 kam es anders: Die
Glocken mussten einen Zwangsurlaub
antreten. Der Zweite Weltkrieg tobte an
verschiedenen Fronten, Munition und
Kriegsmaterial wurde knapp. Deshalb
wurden viele Glocken zur Kriegsrüstung
beschlagnahmt, wahrscheinlich auch als
Maßnahme gegen die katholische Kirche,
um die Religion zu schwächen oder zu
vernichten. Die Nationalsozialisten
wollten alle Glocken einschmelzen lassen,
nicht nur zur Sicherung der
Metallreserven. Vielmehr wiesen
Dokumente darauf hin, dass nach dem
Willen der Nazis nach dem
Endsieg in Deutschland nur
noch zwölf Glocken des
Reichstagsgebäudes läuten sollten.
Eine Gruppe "Handwerker"
montierte also die Glocken im Turm ab,
über Seilwinden wurden sie abgelassen
und über lange Balkenpritschen die hohen
Kirchentreppen hinab transportiert. Den
oberen Weg entlang der Weinberge zum
Friedhof gab es damals noch nicht.
Wir Bremmer Jungendliche schlugen von
dem Rand der Glocken kleine
Erinnerungsstücke ab. Die ganze
Dorfbevölkerung war verärgert über den
Glockendiebstahl, konnten
jedoch nichts dagegen unternehmen.
Ein Befürworter sprach
von der Notwendigkeit dieses Opfers und
versprach neue Glocken nach dem Krieg.
Hier der Text des vorliegenden
Originalbriefes des Befürworters W.
Klein:
Die
Glocken von Bremm im
Kriegseinsatz"
Am 3. September 1942 wurden
die Glocken abmontiert und
mittels Auto den Bedürfnissen
des großen Krieges zugeführt.
Das Herabholen der Glocken war
keineswegs einfach. Die
Bevölkerung, an der Spitze
gerade auf Urlaub weilende
Soldaten, stellten sich den
Arbeitern in den Weg. Das
Werkzeug wurde die hohen
Kirchenmauern herab in die
Weinberge geschleudert und die
Arbeiter waren gezwungen, von
ihrem Tun abzulassen. Erst als
sich das Landratsamt einschaltete
und die Leute auf das Unsinnige
der Handlungsweise aufmerksam
machte, wurde kein Widerstand
mehr geleistet.
Ist der große Krieg vorbei,
dann wird Bremm seine Glocken
wiedererhalten. Jetzt aber wird
das Metall gebraucht zur
Herstellung von Waffen und
Munition und das Glockenzinn zum
Ausgießen der Lager der Autos
unserer motorisierten Verbände.
Wenn einem unserer herrlichen
Truppen das Leben durch die
Hergabe der Glocken erhalten
bleibt, dann ist das Einziehen
der Glocken gerechtfertigt
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Ein Soldat, der zum
Fronturlaub nach Hause kam und
wahrscheinlich schon die Sinnlosigkeit
des Krieges erkannt hatte, schleuderte
aus Protest die Werkzeugkiste der
Handwerker im weiten Bogen
über die Friedhofsmauer in die Tiefe.
Erst beruhigende Worte mit den
Handwerkern und Behörden konnten den
betreffenden Soldaten vor einer
Bestrafung bewahren.
Als Ersatz für die drei Glocken
erhielten wir eine Glocke aus Ediger
leihweise. Diese wurde an den beiden
Torpfosten zum Friedhof unten am
Missionskreuz aufgehängt. So konnte
wenigstens diese eine Glocke zu den
Kirchdiensten und als Totenglocke für
die Gefallenen läuten.
1946 wünschten sich die Bremmer
wieder neue Glocken. Die Edigerer wollten
ihre Glocke wieder zurückhaben. So
beschlossen unsere Kirchenväter die
Anschaffung eines neuen Geläutes.
Dieses wurde in einer Glockengießerei
in Bochum (Bochumer Verein) in Auftrag
gegeben. Zur Bezahlung war unter anderem
auch eine beträchtliche Weinlieferung
vereinbart. Es war zwar auch Geld
vorhanden, aber die
Reichsmark hatte keinen
besonderen Wert mehr. So sammelten die
Bremmer Winzer Flaschenweine. Diese
wurden am Bahnhof in Bengel/Ürzig in
Güterwagen unter Schrott und anderen
Transportgütern versteckt und sollten so
nach Bochum transportiert werden.
Bochum war damals bekanntlich
englische Besatzungszone wir hier
lagen in der französischen Zone.
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Doch bereits
in Koblenz wurde der Wein von
französischen Soldaten entdeckt und
beschlagnahmt vermutlich durch
Verrat. Die Begleitperson musste
flüchten, um der Verhaftung zu entgehen. So
musste eine zweite Weinlieferung
gesammelt werden. Ein Teil davon wurde
nach Brohl geschafft, unter
Getränkekisten mit Brohler Sprudel
versteckt und so nach Bochum gebracht.
Ein weiterer Teil wurde mit einem Lkw auf
einer sogenannten
Vereinsfahrt (des
Sportvereins) unter den Sitzen der
Teilnehmer in Richtung Eifel nach Bochum
auf den Weg gebracht, teils aber auch in
Rucksäcken über versteckte Waldwege
über die Grenze geschmuggelt.
Die Glockenlieferung konnte also im
Sommer 1947 erfolgen. Die neuen
Stahlglocken trafen mit der Bahn in Eller
ein. Sie wurden mit Fuhrwerken nach Bremm
gebracht, an der Kirchstraße freudig in
Empfang genommen gesegnet und die
hohen Kirchtreppen aufwärts gezogen und
auf den Turm gehievt.
Am 27. August 1947 am
Hochzeitstag der Eheleute Arnold und
Josefine Schlägel (geb. Kölsch)
konnte erstmals feierlich geläutet
werden.
Doch inzwischen hatte uns ein Gerücht
erreicht: In Hamburg auf einem ehemaligen
Industriegebiet sei ein
Glockenfriedhof.
Nachforschungen ergaben, dass dort
noch etwa 1000 Glocken lagerten, die
nicht eingeschmolzen waren. Auch die
Bremmer Glocken konnten gefunden werden.
Die Bremmer Gläubigen wollten die alten
wertvollen Glocken wiederhaben und so
veranlasste der Kirchenvorstand die
Rückführung.
Also wurden die neuen Stahlglocken
wieder vom Turm abgenommen und die alten
wertvollen Bronze-Glocken wieder
hochgehievt alles über die engen
und hohen Kirchentreppen eine sehr
schwierige Arbeit. Die neuen Stahl-Glocken
wurden nach Kastellaun verkauft und
unsere alten Glocken läuten wieder hier
im Moseltal.
Noch während meiner Messdienerzeit (bis
1951) wurden die Glocken vom unteren
Turmraum aus mit dicken Seilen von Hand
vor dem Gottesdienst geläutet. Erst
einige Jahre später wurde der
Glockenstuhl verstärkt und ein
elektrisches Geläute eingebaut.
Mögen die Glocken der Kirche St.
Laurentius noch sehr lange das Wort
Gottes hier im Tal verkünden und die
Bewohner und Gäste unter dem Schutz und
der Fürsprache der Gottesmutter Maria,
des hl. Sebastianus und des hl.
Laurentius hier Glück und Zufriedenheit
finden. Dies ist auch mein persönlicher
Wunsch für Sie alle!
Außer der Glockenbeschreibung im Teil
I , Herstellung der 3 Hauptglocken
um 1834 geht die Geschichte noch
weiter:
1.) Die 4. Glocke des ursprünglichen
Geläutes von 1572 / 1575 / 1580
Die älteste, zur Zeit noch in Bremm
vorhandene Glocke, stammt aus dem Jahre
1580. Sie befand sich in einer Nische im
Glockenturm bis etwa 1970. Damals wurde
für die drei Hauptglocken ein
elektrisches Geläute eingebaut, mit
einem neuen Glockenstuhl aus Stahl und
Turmverstärkung. Die kleine, sogenannte
Maiglocke musste zunächst
weichen.
Sie trägt den Namen Maria
und wurde überwiegend im Mai zur
abendlichen Maiandacht geläutet
deshalb auch Maiglocke. Sie
trägt die Inschrift: Maria Heissen
ich, in Gottes Namen luet man mich. Im
Jahre 1580 Heinrich VAN Collen Gus
mich.
Diese Glocke steht heute im Chorraum
der Kirche und wird als Gong bei der hl.
Messe genutzt. Der hölzerne Glockenstuhl
wurde vom Stellmacher Peter Steffens, die
Eisenbeschläge vom Schmied Fritz Franzen,
beide aus der unteren Moselstraße,
angefertigt (etwa um 1960). Sie wiegt
etwa 400 kg. Bei der Aufstellung in der
Kirche wirkten Arnold Kreuter und
Theobald Schmitz mit.
2.) Eine weitere noch kleinere Glocke
befindet sich im Türmchen der Friedhofs-Totenkapelle.
Sie stammt aus der um 1800 erbauten
alten Schule an der
Moselstraße, die 1970 wegen Neubau der
Bundesstraße abgerissen wurde. Dieses
Schulagläckelche wurde zu
Beginn des Schulunterrichts, und Ende der
Pausen, geläutet. Jetzt hängt sie
stumm in der Totenkapelle.
3.) Und letztendlich die
kleinste Glocke hängt an der
Ausgangstür der Sakristei zum
Kirchenraum und wird jeweils zu Beginn
der Gottesdienste kurz angeläutet.
Sie wurde von der Gemeinde Bremm
gestiftet (damals Bürgermeister Herbert
A. Schmitz) anlässlich der
Kirchenrenovierung (1968 / 70) und des 25-jährigen
Priesterjubiläums von Pastor Aloys Weier.
Die Aufschrift lautet: Benedicamus
Domino, Deo Gratias. Ihrem Pastor zum
Silbernen Priesterjubiläum. (ohne
Datumsangabe)
4.) Bekanntlich fliegen
alle Kirchenglocken an Karfreitag nach
Rom. Die Glocken und auch die Orgel
verstummen aus Trauer über den Tod Jesus
Christus. In Rom erhalten die Glocken den
Ostersegen für das kommende
Jahr und kehren am Ostersonntag zur
Auferstehung wieder zurück.
Während dieser Zeit gehen die Kinder
zu den Gottesdiensten, zur Früh- und
Abendglock, durch das Dorf
Kläppern. Mit
Klappern und Rumpelfässern rufen sie
Sprüche: Ät leit Bädglock
dä Fritz dä schläft noch, oder
Meddach, Honnekrach, iwermorje es
Usderdach, oder zum Gottesdienst:
dad es dad echtemol mir
kumme nochemol.
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Eng verbunden mit dem
Schicksal der Kirchenglocken ist auch die
alte Turmuhr. Vermutlich ebenfalls mit
den Glocken um 1834 1850 eingebaut. (Ein
großes Eisen-Gestänge Gehäuse-
eingebaut in eine etwa 2 x 1,50 m große
/ 2 m hohe Holzhütte im zweiten
Stockwerk des Turmes, ein bizarres,
faszinierendes Räderwerk mit Hebeln,
Pendeln, Seilen und Gewichten.)
Einmal pro Woche (samstags) wurde die
Uhr mit einem großen Hebelarm aufgezogen,
d. h. die schweren Eisengewichte wurden
an den langen Seilen nach oben gezogen.
Und so konnten sie eine ganze Woche lang
das Räderwerk in Betrieb halten. Über
Rollen und lange Seile war die Verbindung
zur dritten Etage bzw. dort nach
außenhin auf die Zifferblätter zur
Zeitanzeige hergestellt. Ebenso zu den
Schlaghämmern an den Glocken zur
lautstarken Verkündung der Uhrzeit.
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Bei der mittleren Glocke
zu jeder Viertelstunde. ¼ = 1 x, ½ = 2
x, ¾ = 3 x, volle Stunde = 4 x beng,
dann die ganzen Stunden mit je einem
Doppelschlag auf der großen Glocke bong-bong. Übrigens
das Mittagsläuten der Glocke
erfolgte jeweils ¼ vor 12 Uhr und
zwar deshalb: Damit die Männer vom Feld
oder Weinberg pünktlich um 12 Uhr zum
Mittagessen zu Hause sein konnten.
Leider wurde beim Einbau des
elektrischen Antriebs zum Glockenläuten
(etwa 1970) und zusätzlicher
Sicherungsstahlträger im Turm, die Seile
und Gestängeantriebe entfernt und die
Uhr (auch wegen Reparaturanfälligkeit
und Ungenauigkeit) stillgelegt.
Das Uhrwerk, Gehäuse und Einzelteile
sind noch vorhanden. Besichtigung am 11.6.2008
/ Toni Ostermann und Dietmar Büttner
zusammen mit Theobald Schmitz (Kewes)
dem Kirchen-Schlüssel-Türschließer.
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